Wie Ruchheim nach Ludwigshafen kam Ludwigshafener Geschichte(n): 50 Jahre eingemeindetMit der rechtskräftigen Eingemeindung des Dorfs Ruchheim in...
Wie Ruchheim nach Ludwigshafen kam
Ludwigshafener Geschichte(n): 50 Jahre eingemeindet
Mit der rechtskräftigen Eingemeindung des Dorfs Ruchheim in die benachbarte Großstadt Ludwigshafen ging vor 50 Jahren – am 16. März 1974 – ein jahrelanges Tauziehen zu Ende. Es wurde am Vorabend der Kommunalwahlen 1974 beendet, der Eingemeindungsvertrag war bereits vier Jahre zuvor, am 15. Mai 1970, von Oberbürgermeister Werner Ludwig und Dorfbürgermeister Ernst Gutermann (beide SPD) unterzeichnet worden.
Weitere Vergrößerungspläne gab OB Ludwig zunächst auf: „Die Zeit der Eingemeindungen ist vorbei“, ließ er 1976 einen Sinneswandel erkennen. Das bekräftigte im Jahr darauf auch Innenminister Kurt Böckmann (CDU): „Die Planungen für die Neugliederung der Vorderpfalz sind beendet“, erklärte der Ludwigshafener.
Bis zur Vereinnahmung der Gemeinde Ruchheim aus dem ehemaligen Landkreis Ludwigshafen, der zusammen mit den Landkreisen Frankenthal und Speyer per Gesetz Ende 1968 als neuformierter Groß-Landkreis (heute Rhein-Pfalz-Kreis) entstanden war, hatte es unter den Parteien heftige politische Diskussionen um die konkrete Modernisierung der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Verwaltungsstruktur gegeben.
OB Ludwig war zunächst strikt gegen jegliche Eingemeindungen und plädierte für die Schaffung eines Regionalverbands, bestehend aus Ludwigshafen, Frankenthal sowie 16 umliegenden Gemeinden. Auch die pfälzische SPD war zunächst mehrheitlich dafür, während sich die CDU-geführte Landesregierung für Eingemeindungen einsetzte. Auf Ablehnung stieß der Ludwig-Plan auch in Ruchheim.
Die politische Neuordnung in der Vorderpfalz sollte zeitweise so aussehen: Ruchheim, Birkenheide, Fußgönheim, Altrip und Neuhofen sollten Ludwigshafen zugeschlagen werden. Bürgerbefragungen ergaben allerdings deutliche Mehrheiten gegen derlei Planspiele. Birkenheide sagte Anfang 1971 Nein, nachdem sich Maxdorf als Sitz der Verbandsgemeinde für deren Erhalt (mit Fußgönheim) ausgesprochen hatte – und gerne Ruchheim im Boot gehabt hätte.
Und die Ruchheimer? Die wollten sich lieber der finanzstarken Großstadt anschließen (wo inzwischen die Hälfte der Arbeitnehmer beschäftigt war). Bürgermeister Gutermann besiegelte das mit seiner Unterschrift unter einen Vertrag mit Ludwigshafen am 15. Mai 1970. Der machte der Dorfgemeinde bemerkenswerte Zugeständnisse: den Anschluss an die städtische Trinkwasser- und Stromversorgung, Sanierungen in öffentlichen Bereichen und die Schaffung eines modernen Ortszentrums mit dem ehemaligen Hallberg’schen Schloss als Mittelpunkt.
Ruchheim war bis dahin lange ein „Stiefkind“ der modernen Entwicklung. Das lag vor allem an seiner Sozialstruktur: 1939 waren 53 Prozent der Beschäftigten in der heimischen Landwirtschaft tätig, 1950 immerhin noch 48 Prozent. 1970 waren es nur noch 16,7 Prozent. Heute gibt es in Ruchheim nach Angaben des Statistischen Landesamts noch 14 landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe.
Der erste Arzt ließ sich erst 1951 nieder, da hatte Ruchheim etwa 1600 Einwohner. 1957 wurde eine Wasserleitung installiert, bis dahin wurde Trink- und Brauchwasser noch hochgepumpt. 1969 begann man mit der Kanalisation. Der Gewinn für Ludwigshafen durch die Eingemeindung: mehr Bauland.
Nord-Süd-Variante im SpielIdeen für eine Neugliederung von Landkreisen und Kommunen in der Kurpfalz gab es in den 1960er- und 1970er-Jahren reichlich. So konnte man sich durchaus vorstellen, die Landesgrenzen am Rhein verschwinden zu lassen und die Städte Mannheim und Ludwigshafen in einem neuen Bundesland zu vereinen. OB Ludwig brachte eine Nord-Süd-Variante ins Spiel: Die nördlichen Gemeinden des Landkreises Ludwigshafen sollten Frankenthal, die südlichen und westlichen Gemeinden Ludwigshafen zugeschlagen werden.
Politisches Fernziel: eine eng verflochtene Großstadt Ludwigshafen-Frankenthal mit damals dann zusammen 280.000 Einwohnern – ein echtes Gegengewicht zum großen Mannheim. Konkretisiert haben sich diese Überlegungen nicht.
Heute hat Ruchheim laut Statistik etwa 6200 Einwohner. Als der Stadtteil 1974 zu Ludwigshafen kam, vergrößerten sich zwei Parameter: Die Stadtfläche stieg um 836 auf 7734 Hektar und die Einwohnerzahl um etwa 2500 auf mehr als 180.000. Sein berühmtester Sohn hat die Zäsur nicht mehr miterlebt: Mundartdichters Paul Münch (1879-1951), der für die vielbesungene „Pälzer Weltachs“ bei Waldleiningen verantwortlich ist.
Quelle
Ausgabe Die Rheinpfalz Ludwigshafener Rundschau - Nr. 64
Datum Freitag, den 15. März 2024
Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele!
Friedrich Wilhelm Raiffeisen